Welches Klavier für den Anfängerr
Klavierunterricht

Das billige Keyboard für den Anfang

oder warum der Spaß beim Tennis schnell vorbei ist, wenn man mit einem Federballschläger üben muss.

Als ich begann Klavier zu unterrichten, war ich in vielerlei Hinsicht naiv. Eine häufig gestellte Frage von Eltern war: „ist es ok, wenn wir noch kein richtiges Klavier haben? Mein Kind hat ein kleines Keyboard, das sollte doch für den Anfang reichen, oder? Wir wollen ja erst einmal sehen, ob unser Kind Spaß hat und übt“. Meine direkte Antwort war: „ja natürlich“. Ich konnte die strikte Verweigerung gewisser Klavierlehrer nicht verstehen, einen solchen Schüler anzunehmen. Spaß ist ja schließlich meine Grundphilosophie richtig? Nun ja leider wurde ich eines besseren belehrt. Wenig wusste ich davon, welche Auswirkungen diese Entscheidung haben kann. Der Einblick in die privaten Haushalte durch den Online-Unterricht hat mir vor Augen geführt unter welchen Bedingungen manche Schüler schlussendlich 1 bis 2 Jahre später immernoch zuhause üben. Zusätzlich übten nahezu alle Schüler, die nach kurzer Zeit wieder aufgaben, an billigen Keyboards.

Stellen Sie sich vor Ihr Kind möchte mit Tennisunterricht beginnen. Da sie noch nicht in einen Tennsschläger investieren möchten, schicken Sie ihr Kind erst einmal mit dem Federballschläger in den Unterricht. Ein kleines Keyboard IST der Federballschläger.

Warum man denken könnte, ein billiges Keyboard würde für den Anfang genügen.

Viele, ja wahrscheinlich die meisten Eltern und Schüler, stellen sich den Klavierunterricht für den Anfänger folgendermaßen vor: Wir lernen die Noten lesen und drücken dazu die richtige Taste. Punkt. Schluss. Fertig. Aus. Und dies zu Beginn nur auf einem kleinen Teil des Klaviers, der sogenannten Mittel-C-Position. Ok, ja für viele mag der Unterricht so in der Tat beginnen. Doch dies ist der Grund warum Klavierunterricht sehr schnell langweilig wird und der Spaß innerhalb kurzer Zeit vorbei ist. Diese Art des Unterrichts bezeichne ich als Notenlese-Unterricht. Doch zu einem Klavierunterricht gehört so viel mehr als Notenlesen. Gerade zu Beginn sollte Notenlesen zweitrangig sein. Vielmehr ist es wichtig das Gehör zu schulen, ein gutes Rhythmusgefühl aufzubauen, Fingerkraft zu bilden und eine gute Spieltechnik zu entwickeln.

Welche Eigenschaften sollte also ein Klavier für den Anfhänger haben:


88-Tasten-Klaviatur

Ein Klavier/Digitalpiano/Stagepiano hat 88 Tasten, diese sollten zu Beginn im vollem Umfang genutzt werden, um sich mit der gesamten Spannweite der schwarzen und weißen Tasten anzuvertrauen. Spielt man die ersten Jahre nur auf einem kleinen Teil der weißen Tasten, entsteht später schon fast eine Phobie vor Lagenwechsel und schwarzen Tasten.

Dämpfer-Pedal

Das Dämpfer-Pedal kann direkt zu Beginn bei einfachen Liedern mit eingebaut werden und verleiht ein ausdrucksvolles Spielerlebnis. Es ermöglicht Anfängern tolle ausdrucksstarke Lieder zu erlernen, die den Spaß am Üben förden. Im Gegensatz zu anderen Instrumenten bietet das Klavier so viele Möglichkeiten bereits als Anfänger gut klingende Stücke zu spielen, gerade in Kombination mit dem Pedal. Hierfür ist ein gutes Stagepiano mit einem einzelnen Pedal für kleine Kinder sogar besser als ein fest eingebautes eines Klaviers oder Digitalpianos. So hat man die Möglichkeit das Pedal auf einen Fußhocker zu stellen.

Gewichtete Tasten (Graded Hammermechanik)

Gewichtete Tasten sind das A und O um Fingerkraft und die richtige Technik zu entwickeln. Im Gegensatz zu gewichteten Tasten brauchen die leichten Keyboardtasten nur einen Hauch von Druck, so werden die Tasten nur durch Fingerbewegung gespielt. Oftmals rutschen die Finger schnell mal ab, Töne werden versehentlich gespielt, der Rhythmus nicht eingehalten und es führt zu Frust. Der Anschlag der Tasten erfolgt jedoch nicht nur durch die Fingerbewegung, sondern über den gesamten Arm. Diese wichtige Bewegung um eine lockere Spieltechnik zu erlernen, ist von großer Bedeutung.

Anschlagdynamik

Durch den dynamische Anschlag der Tasten können laute und leise Töne erzeugt werden. Dies ist ein wichtiger Faktor beim Klavierspiel, der mit einfachen Stücken und Improvisation geübt wird. Das Feingefühl, wie stark eine Taste für welche Lautstärke angeschlagen wird, ist ein wichtiger Prozess und kann gerade im ersten Jahr mit leichten Stücken gut erlernt werden. Bezüglich guter Anschlagdynamik ist vor allem beim Gebrauchtkauf eines älteren Digitalpianos oder bei Instrumenten der Billigklasse vorsicht geboten. Die Dynamik in der Musik wird in 6 Stufen gegliedert: pp (sehr leise) – p (leise) – mp (mittelleise) – mf (mittellaut) – f (laut) – ff (sehr laut). Diese unterschiedlichen Lautstärken machen Lieder erst ausdrucksvoll und sind ein wichtiger Teil des Anfängerunterrichts.

Gute Lautsprecher – Guter Klang

Ein gutes Musikgehör kann nur gebildet werden, wenn man mit einem Instrument arbeitet, das die Klänge auch richtig wiedergibt. Zusätzlich macht das Klavierspiel mit einem guten Klavierklang um Welten mehr  Spaß als mit einem elektronischen Billigklang.

Höhenverstellbarer Klavierstuhl

Die richtige Sitzhöhe ist ebenfalls ein wichtiger Faktor. Ein zu niedriger Sitz führt zu hängenden Handgelenken und schlechter Technik. Deshalb ist es sehr wichtig einen höhenverstellbaren Klavierstuhl zu besitzen.


Zusammenfassung

Gerade im ersten Jahr können viele Elemente durch einfache Lieder erlernt werden. Werden diese Grundlagen nicht erlernt, wird der Frust, sobald die Stücke anspruchsvoller werden, extrem groß und dies führt leider dann oft zum Beenden des Unterrichts. Nur das Üben an einem Instrument, das alle oben erwähnten Eigenschaften hat, bietet die Möglichkeiten den Lerneffekt zu optimieren und Spaß am Klavierspielen zu haben.

Ein vernünftiges Digitalpiano oder Klaver ist eine teure Anschaffung, dessen bin ich mir bewusst und ich weigere mich auch nicht einen Schüler anzunehmen, der es erst einmal mit einem billigen Keyboard versuchen möchte. Doch spätestens nach ca. 3 Monaten möchte ich allen Eltern und Schülern ans Herz legen, diese Investition zu tätigen. Ein brauchbares Digital- oder Stagepiano von nahmhaften Herstellern startet bei ca. 600 Euro und kann jederzeit auch wieder über Ebay verkauft werden, sollte die anfängliche Begeisterung wieder verblassen.

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